Im März 2001 haben wir uns nach acht Jahren Partnerschaft und vielen Jahren Verliebtheit meinerseits getraut, ganz klassisch in Weiß mit Schleier und Cutaway. Den Frühling des darauffolgenden Jahres sahen wir mit der Geburt unserer Tochter durch die rosarote Brille. Jeder, wirklich jeder, der sie kennt, weiß, dass sie einzig in ihrer Art ist. Das mag erklären, warum die Jahre 2004, 2008 und 2009 himmelblau geprägt waren. Unser Letztgeborener hätte nach väterlichem Wunsch durchaus etwas Rosa in unser elterliches Leben zurückbringen sollen, wollte aber unsere blaue Schaffensperiode nicht durchbrechen. Er hat wie ein Löwe gekämpft, um sich gegen seine weiblichen Mitstreiterinnen durchzusetzen, also haben wir ihn Ariel genannt. Nach seinen beiden Design affinen Brüdern hat er von Anfang an mit Lokomotiven, Autos und bald auch Fußball etwas mehr Testosteron geprägtes Ambiente in unser Haus gebracht und damit den väterlichen Schmerz über den Mangel an einer zweiten Tochter erfolgreich zu kompensieren gesucht.
Die Familienplanung haben wir abgeschlossen. Nur pelzige Familienmitglieder bereichern uns noch. Letztes Jahr ist unsere Tessie, ein Border Collie Welpe, zu uns gekommen und hat uns daran erinnert wie es so war mit Baby im Haus.
Dennoch wird das Jahr 2016, schenkt man zumindest PANTONE Glauben, rosarot und himmelblau. Die Farbe Rose Quartz (13-1520) soll uns, ich übersetzte jetzt frei aus dem Amerikanischen, Einfühlungsvermögen und ein Gefühl der Gelassenheit vermitteln („the tone conveys compassion and a sense of composure“). Heuer war ein Trendton für das Jahr nicht genug, weshalb man als zweiten Farbton Serenity (15-3919) gewählt und präsentiert hat. Er soll uns ein Gefühl der Freiheit, des Raumes vermitteln („a sense of space“) sowie einen beruhigenden Effekt wie der blaue Himmel über uns haben („calming effect of a blue sky above us“).
Executive Director of the Pantone Color Institute, Leatrice Eiseman, formuliert die Wirkung der Farben des Jahres folgendermaßen:
„Colors this season transport us to a happier, sunnier place where we feel free to express a wittier version of our real selves.“
Umhüllt von Winternebeln und grauer Landschaft hören wir diese Prognosen sehr gern und warten gespannt auf eine Vielzahl neuer Kollektionen, die uns an einen sonnigeren, fröhlicheren Patz versetzen, sodass wir eine launigere Version unser selbst werden mögen.
So ein Jahreswechsel bringt aber gemeinhin nicht nur Trends und Prognosen mit sich, sondern veranlasst uns auch, Vorsätze zu schmieden. Freilich wäre es lobenswert, die Absicht, ab 2016 mehr zu schlafen, kund zu tun. Ich wäre ausgeruhter, sähe dadurch jünger aus und lebte gesünder, quasi eine „launigere Version meiner selbst“. Da ich aber eine Lebensreife erreicht habe, die mich sicher sein lässt, dass das wie in den Jahrzehnten davor eh nichts wird, halte ich es mit Herbert Grönemeyer, der meint: „Ruhe gibt es genug nach dem Tod.“
Viel schöner ist es doch, etwas in Angriff zu nehmen, eine Planung zu starten, die Freude bereitet, und das unter Einbezug von „Rose Quartz“ und „Serenity“.
Ergo:
Ich überhole unseren Wintergarten. Er ist mein Lieblingsraum: Im Frühling sehe ich von dort aus die ersten Frühblüher, im Sommer schwitze ich dort (ich mag ja den Sommer nicht), in Sommernächten liebe ich es aber, meine Füchse vorbeischleichen zu sehen, im Herbst tauchen die Herbstfarben der Flora davor den Raum in die schönsten Töne, im Winter rieselt der Schnee auf das Glasdach, was mich immer wieder zu Tränen des Glücks rührt. Im Wintergarten treffe ich die wichtigsten Entscheidungen, da zeichne ich, da esse ich (und ich bin sehr verfressen), da habe ich die besten Ideen für meine KundInnen.
Wenn es zur Raumgestaltung kommt, ist Resedagrün (RAL 6011) meine Lieblingsfarbe. Damit bin ich nicht allein. Otto Wagner liebte sie und hat unser Wien in einen resedagrünen Farbtopf getaucht: die Stadtbahnbögen, die U-Bahn-Station Karlsplatz, diverse Brücken;
In Großbritannien hat mein Idol William Morris die schönsten Designs der „Arts and Crafts“ Bewegung in Reseda geschaffen. Eines davon ist seine berühmt-beliebte Tapete „Willow Bough“, die derzeit unseren Wintergarten ziert.
Ich bin ein altmodisches, treues Mädchen geblieben, naja vielleicht Frau geworden, daher werde ich mich von Morris nicht trennen. Ich weiß ja mit Sicherheit, dass er, trotz so vieler Newcomer jedes Jahr, die wirklich gut sind, der Beste ist. Aber warum nicht den Hintergrund himmelblau färben („like a blue sky above us“) und ein paar rosarote Granatäpfel und Vögel auf die Zweige setzen? Den Trend 2016 hat Morris schon 1926 erahnt, als „Bird & Pomegranate“ von John Henry Dearle als Tapete entworfen wurde, wahrscheinlich aufbauend auf dem älteren Stoff „Fruit“, mit dem die bequemen Stühle in unserem Wintergarten, ein Erbteil meiner Urgroßeltern, vor graumer Zeit neu bezogen wurden.
Man muss sich und sein Umfeld nicht neu erfinden, um etwas mehr blauen Himmel und rosaroten Blick ins Leben und ins Wohnen zu holen. Die Auswahl im Interior Bereich könnte größer nicht sein, ständig kommt Neues, auch Altes in neuer Aufmachung auf den Markt. Ich bin für Vorhaben dieser Art zu haben, Einrichtungsberatung ist meine Leidenschaft, auch im neuen Jahr. Ich wünsche ein glückliches, gesundes, sonniges und fröhliches Jahr 2016!