Den heurigen Sommerurlaub haben meine Liebsten und ich in Florida verbracht. Klimatisch durchaus sommerlich, landschaftlich mehr als üppig, architektonisch mehr als amerikanisch. Die Dimensionen im Land der unbegrenzten Möglichkeiten zeigen sich gleich bei der Ankunft: Mein Familienauto, cisatlantisch so ziemlich unter den größten Fahrzeugen einzureihen, die durch Wiens Straßen kreuzen, ist transatlantisch bestenfalls Durchschnitt im Personenverkehr.
Ein Hotelzimmer für eine sechsköpfige Familie ist kein Problem. Wenn ein Badezimmer in Miami Beach so groß ist wie ein schönes Kinderzimmer in unseren europäischen Breiten, dann scheitert eine Unterkunft für eine Familie mit vier Kindern nicht an Enge. Mir gefällt das sehr gut. Seit jenen Jahren, die ich während der Sanierung unseres jetzigen Heimes mit Kind, Kater und Ehemann in meiner Studentenwohnung auf 43m² zugebracht habe, kann mir kaum etwas zu groß sein. Klein und eng habe ich voll ausgekostet und einmal im Sommer auf amerkanischem Fuß zu logieren, ist mir sehr angenehm.
Für Eine, die New York liebt wie kaum eine Andere, die Entzugserscheinungen hat, wenn sie Manhattan zu lange fern bleibt, war es nicht leicht zu akzeptieren, dass der heurige Transatlantikflug zu Mickey Mouse und Donald Duck statt zum Chrysler Building, dem Empire State Building oder dem Rockefeller Center führen sollte.
Landschaftlich ist es sehr schön in Florida, ganz besonders rund um Miami, wo im Sommer tropische Vegetation gepaart mit feuchtschwülem Wetter die exquisitesten Blüten hervorbringt.
Berufsbedingt schwelge ich ja sehr gern in gutem, gelungenen Interior Design. Da der Beruf des Interior Designers bzw. der Interior Designerin im angloamerikanischen Raum weit länger etabliert ist als bei uns und es dadurch zum Bauen und Wohnen wie selbstverständlich dazugehört, sich für die Innenraumgestaltung professionelle Hilfe zu holen, komme ich meist aus dem Staunen vor so viel gelungenem Einrichten nicht heraus.
Besonders gefallen hat mir das Ambiente des mexikanischen Restaurants Rosa Mexicano in der Lincoln Road, Miami Beach. Echt wirkende Schmetterlinge werden auf die Wände gebeamt, wo sie für einige Zeit völlig regungslos wirken. Der Gast hält die Installation für ein Bild. Doch plötzlich bewegt sich ein einziges Tier, dann ein weiteres bis plötzlich der ganze Schwarm wegfliegt. Das hat eine überwältigende Wirkung. Das Zusammenspiel ausgefallener Luster mit changierenden Tapeten taucht das Restaurant in ein elegant gemütliches Farbfeld.
Eine weitere architektonische Sehenswürdigkeit in Miami ist das berühmte The Biltmore Hotel, das nicht zuletzt für die enormen Ausmaße seines Swimmingpools, eingebettet in einen opulent blühenden tropischen Garten, und seinen nicht minder beliebten Schwimmlehrer bekannt ist. Kein Geringerer als Johnny Weissmüller verdingte sich vor seinen Zeiten als Tarzan ebenda als Schwimmtrainer. Inmitten des mediterran anmuteneden Stadtteils Coral Gables steht das 1926 eröffnete Luxushotel. Wenn auch stilistisch nicht dem Art Déco zuzurechnen, erlebte das eher venezianisch wirkende Hotel seine Blütezeit in eben dieser Epoche. Ginger Rogers, Judy Garland, Bing Crosby aber auch Al Capone verlebten glamouröse Zeiten in dieser Location.
Der absolute Höhepunkt an Design und Architektur fand sich aber beim Kauf zweier Briefmarken für Oma, Großmama und Großpapa. Wahre Liebe währt eben ewig, meine – zumindest Design technisch – gilt dem Art Déco. Der Begriff leitet sich vom französischen art décoratif her und gilt einer Designbewegung von den 1920ern bis in die 1940er Jahre. In allen Bereichen der Kunst machte sich das Art Déco breit: Architektur, Möbel, Mode, Schmuck, Autos aber auch Gegenstände des alltäglichen Gebrauchs wie Geschirr erlebten einen Höhenflug in dieser Ära.
Als begeisterte Sammlerin von Keramiken dieser Zeit, als Liebhaberin der Broschen von damals, als ergriffenster Fan von „The Great Gatsby“, seinem Haus, den Weißwandreifen seiner Autos, als Bleistiftrockträgerin und Lindy Hop Bewundererin betrat ich die heiligen Hallen, nein, nicht des Sarastro, sondern des Postamts in Miami Beach. An den Toren des Art Déco Viertels von Miami Beach, wo einst der unvergessene Gianni Versace residierte, wo sich Chic und Cool auf einen Kaffee verabreden, steht ein Postamt wie es schöner nicht sein könnte. Mein Herz frohlockte, die der Zeitlupe entspringenden Bewegungen der Postbeamtin ließen mich schmunzeln und mein Bauchraum füllte sich mit einem Empire State Building artigen Gefühl und Eines wusste ich gewiss: Wenn meine Seele ein Zuhause hat, dann ist es das Art Déco in den USA.